Udo Edelmann – Bildhauer, Glasgestalter, Designer

Udo Edelmann – Bildhauer, Glasgestalter, Designer

26. April 2016 Aus Von Bozena Yazdan

Ausstellung im Glasmuseum Rheinbach 12.6.-28.08.2016

Die Ausstellung gibt einen umfassenden Überblick über Edelmanns freie künstlerische Arbeiten und über sein Schaffen als Designer. Sie ist vom 22. April bis 29. Mai 2016 in Gorzów Wielkopolski (Muzeum Lubuskie im. Jana Dekerta) zu sehen und kommt am 12. Juni nach Rheinbach, wo sie bis zum 28. August 2016 im Glasmuseum gezeigt wird.

Blick in die Ausstellung, Abteilung Design (Foto: Ruth Fabritius)

Blick in die Ausstellung, Abteilung Design (Foto: Ruth Fabritius)

Gorzów Wielkopolski, Muzeum Lubuskie im. Jana Dekerta, Standort „Speicher“ am Ufer der Warthe. Hier ist die Edelmann-Retrospektive bis zum 29. Mai 2016 zu sehen. (Foto: Ruth Fabritius).

Gorzów Wielkopolski, Muzeum Lubuskie im. Jana Dekerta, Standort „Speicher“ am Ufer der Warthe. Hier ist die Edelmann-Retrospektive bis zum 29. Mai 2016 zu sehen. (Foto: Ruth Fabritius).

Udo Edelmann  ist einer der bedeu­tendsten deutschen Studioglaskünstler seiner Generation. Zu seinem eindrucksvollen Oeuvre als Bildhauer, Glasgestalter und Designer kommt ein breit gestreutes Engagement als Ausstellungsmacher, Ausbilder und Impulsgeber für die deutsche und internationale Glasszene hinzu.

Als Udo Edelmann 1938 geboren wurde, hieß seine Geburtsstadt Landsberg a.d. Warthe. Er versteht sich als Brückenbauer in die seit Ende des Krieges polnische Stadt Gorzów Wielkopolski.

 

Dieses Bemühen, Glaskünstler und interessierte Menschen diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs, der Europa jahrzehntelang geteilt hat und nun der Vergangenheit angehört, mit den Mitteln der Kunst zusammenzubringen, durchzieht sein gesamtes Leben wie ein roter Faden:

 

Noch zu Zeiten des Kalten Krieges lud er in seiner häufig wahrgenommenen Funktion als Organisator Glasschaffende aus Osteuropa zu hochkarätigen Ausstellungen ein. Dass der Dialog über die Grenzen von Ländern und politischen Blöcken hinweg niemals abgebrochen ist, ist u.a. auch sein Verdienst. Staatliche Institutionen der Bunderepublik Deutschland würdigen dieses Engagement durch erhebliche finanzielle Zuwendungen für dieses Ausstellungs- und Katalogprojekt: Die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien trägt die Kosten der Ausstellung in Gorzów Wielkopolski und in Rheinbach, der Landschaftsverband Rheinland finanziert das deutsch-polnische Begleitbuch.

Sein Lebenslauf ist typisch für viele Angehörige seines Jahrgangs: Der Vater fiel noch kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs, die Mutter flüchtete mit zwei kleinen Kindern aus der zerstörten Heimatstadt Landsberg über Berlin, Rügen und Lübeck-Travemünde und fand schließlich im schleswig-holsteinischen Trappenkamp eine Bleibe. In dieser Flüchtlings- und Vertriebenensiedlung, die auf dem Gelände eines ehemaligen Marinesperrwaffenarsenals entstanden war, kam Udo Edelmann zum ersten Mal mit dem Werkstoff Glas in Berührung, dessen Faszination ihn ein Leben lang begleiten sollte: In Trappenkamp hatten sich bis 1948 etwa 850 Menschen angesiedelt, davon etwa die Hälfte Sudetendeutsche, die mehrheitlich aus Gablonz kamen, wo die Glas- und Schmuckwarenindustrie ihren Schwerpunkt hatte. Den Gablonzern war es in relativ kurzer Zeit gelungen, trotz extrem ungünstiger Bedingungen eine größere Zahl kleiner und kleinster Betriebe aufzubauen, wie es ähnlich und in größerem Stil auch in Süddeutschland und Österreich geschah. Außerdem wurde am 1. September 1948 in einem der ehemaligen Bunker das Trappenkamper Hohl- und Farbglashüttenwerk eingerichtet, die zunächst Stangenglas für Gablonzer Schmuckwarenindustrie lieferte; der Nachfolgebetrieb stellte später, bis in die 1990er Jahre, als „Glasfabrik Ernst Friedrich KG“ vor allem auch Hohlglas und Kristallglaserzeugnisse („Friedrich Kristall“) her. Die frühen Kontakte zu Glasmachern und anderen Glashandwerkern, die aus dem Sudetenland, Schlesien und Rumänien stammten, waren für das Kind und den Heranwachsenden prägend und bestimmten seinen Werdegang.

 

Udo Edelmann (re.) mit Wojciech Popek, Leiter des Muzeum Lubuskie, vor dem Museumsstandort Villa Schröder(Foto: Ruth Fabritius)

Udo Edelmann (re.) mit Wojciech Popek, Leiter des Muzeum Lubuskie, vor dem Museumsstandort Villa Schröder(Foto: Ruth Fabritius)

Um sich einen professionellen Zugang zum Glas zu eröffnen, nahm Udo Edelmann erst ein Chemie- und Technikstudium auf und absolvierte dann eine Ausbildung an der Staatlichen Glasfachschule Rheinbach; hier übernahm er später einen Lehrauftrag. Eine entscheidende berufliche Station war die Ichendorfer Glashütte, in die er 1970  eintrat und wo er schnell vom Direktionsassistenten zum technischen Direktor aufstieg. In Ichendorf entwickelte er neben Direktor Rudolf Penkert  die Designlinie des Unternehmens.  Eine besondere Herausforderung  waren die experimentellen Rekonstruktionsversuche antiker Rippenschalen und Fadengläser, zu denen Edelmann herangezogen wurde. So lernte er den renommierten Archäologen Prof. Otto Doppelfeld kennen und durfte die ersten originalgetreuen Nachschöpfungen antiker Gläser aus dem Römisch-Germanischen Museum Köln entwickeln.

Daneben wurde Edelmann mit dem Aufbau und Leitung einer überbetrieblichen Ausbildungsstätte für sämtliche Glasberufe in Kas­sel betraut. Drei Jahre lang (bis 1983) leitete er in Immenhausen die Sommerschule, die von der Glashütte Süßmuth – sie stammt aus dem schlesischen Penzig, von wo Firmengründer Richard Süßmuth vertrieben worden war, – und der Süßmuth-Mitarbeiter-Stiftung veranstaltet wurde.

Edelmann ging für ein zweijähriges Praktikum ins Glasland Schweden. Später übernahm er Planung und Baubegleitung einer größeren Glasfabrik für die VR China in Guangzhou (Kanton) sowie weitere Bera­terfunktionen in Guatemala und Portugal, für die er Designentwürfe entwickelte. Auch später, in den 90-er Jahren, erhielt er Gelegenheit, seine pädagogischen Fähigkeiten einzusetzen: Seit Anfang der 90-er Jahre arbeitete er mit seinen drei portugiesischen Assistenten wiederholt in der „Mundglashütte Harzkristall“ in Derenburg/Harz. Die Glashütte war praktische Ausbildungsstätte für Kunststudenten aus Berlin, Hildesheim und von der schon zu DDR-Zeiten renommierten „Künstlerschmiede“ Burg Giebichenstein bei Halle. Hier konnte Edelmann den Studenten viel von seiner Erfahrung mitgeben.

1981 organisierte er in Kassel die parallel zur Bundesgartenschau gezeigte Ausstellung „Glaskunst 81“, neben dem Coburger Glaspreis ein Meilenstein der internationalen Studioglasbewegung. Der große Einfluss dieser Schau liegt nicht zuletzt darin begründet, dass es gelungen war, junge Glaskünstler diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs zusammenzuführen.

1982 ließ sich Udo Edelmann in Rheinbach nieder und eröffnete zusammen mit seiner Frau Chris auf dem Gelände des ehemaligen Rheinbacher Wasserwerks das „Glashaus am Wasserturm“. Der Studioglasofen blieb bis 2005 in Betrieb.  In Rheinbach entstanden freie künstlerische Arbeiten, wobei gelegentlich auch Glaskünstlerkollegen für einen begrenzten Zeitraum mitarbeiteten und sich ein fruchtbarer künstlerischer Dialog entspann.  Daneben legte das „Glashaus am Wasserturm“ eine eigene Studio- bzw. Designlinie auf, die von Chris Edelmann wesentlich beeinflusst wurde.

Überregional beachtet wurden die vorweihnachtlichen Ausstellungen, zu denen er nicht nur Kollegen aus der internationalen Glasszene (bzw. deren Arbeiten) nach Rheinbach holte, sondern auch namhafte Designer (wie z.B. Prof. Heinz Oestergaard), deren Entwürfe er in Glas umsetzte. Mit diesen Ausstellungen, die oft von öffentlichen Workshops und Vorführungen in der Hütte begleitet waren,  eröffnete er vielen Besuchern den Zugang zum Glas, gab mannigfaltige Impulse und regte zahlreiche Glassammlungen an. Dass sich Rheinbach den Ruf einer „Glasstadt“ erworben hat, ist nicht zuletzt auch dem künstlerischen Schaffen und den vielfältigen Aktivitäten Udo und Chris Edelmanns zu verdanken.

Udo Edelmann nahm an allen wichtigen internationalen Studioglas-Ausstellungen teil, zahlreiche Arbeiten befinden sich in öffentlichem Besitz: Kunstgewerbemuseum Berlin, Glass Mu­seum Corning NY, Hessisches Landesmuseum Darmstadt, Museum Kunstpalast Düsseldorf, Glasmu­seum Frauenau, Victoria & Albert Museum London, Hessisches Landesmuseum Kassel, Museum für Angewandte Kunst Köln, Musée des Arts Décoratifs Lausanne, Kulturgeschichtliches Museum Osnab­rück, Glasmuseum Rheinbach, Württembergisches Landesmuseum Stuttgart, Glasmuseum Ebeltoft.

Zur Eröffnung am Sonntag, dem 12. Juni 2016, 11.30 Uhr im Glasmuseum Rheinbach, Himmeroder Wall 6, sind alle Freunde der Glaskunst herzlich eingeladen. Begrüßung: Bürgermeister Stefan Raetz, Einführung: Museumsleiterin Dr. Ruth Fabritius.

Das deutsch-polnische Begleitbuch (144 Seiten, zahlreiche Abb.) ist bis zum 12. Juni 2016 zum Subskriptionspreis von 20,00 € erhältlich, danach kostet es 25,00 €.