„Vater der Studioglasbewegung“ im Glasmuseum Rheinbach vertreten

„Vater der Studioglasbewegung“ im Glasmuseum Rheinbach vertreten

8. April 2015 Aus Von Bozena Yazdan

bildWichtiger Neuzugang: „Freunde edlen Glases“ e.V mit Wilhelm Bruns ersteigern Studioglasobjekt von Harvey K. Littleton

Dank eines Zuschusses des Museumsfördervereins „Freunde edlen Glases“ e.V. und einer großzügigen Spende ihres Mitglieds Wilhelm Bruns konnte ein langjähriger Wunsch vieler Freunde der zeitgenössischen Glaskunst Ende letzten Jahres in Erfüllung gehen: Aus einem Heilbronner Auktionshaus fand ein zweiteiliges Objekt von Harvey K. Littleton, einem der Väter der internationalen Studioglasbewegung, den Weg nach Rheinbach.

Der amerikanische Künstler (1922–2013) wuchs in Corning (New York) auf, einer Stadt, in der die Glasindustrie seit Mitte des 19. Jahrhunderts angesiedelt war. Sein Vater arbeitete als Physiker in der Forschungsabteilung der Corning Glass Works und er selber kam schon als Student mit dem Werkstoff Glas in Berührung, beschäftigte sich einige Zeit mit Keramik, bis er schließlich der Internationalen Studioglasbewegung (englisch: Studio Glass Movement) zum Durchbruch verhalf.

Deren Gründung wird auf das Jahr 1962 zurückgeführt. Damals leitete Harvey K. Littleton im Toledo Museum of Art in Ohio zwei Workshops, wobei er zeigte, wie Glaskunst im eigenen Atelier, unabhängig von Glasmanufakturen, hergestellt werden kann. Die praktische Durchführung der experimental workshops war zunächst kein Erfolg, da sie an technischen Problemen zu scheitern drohte. Mit Hilfe des Ingenieurs Dominick Labino, Leiter einer Forschungsabteilung in der Glasindustrie, wurde der Ofen verbessert. Mit industriellen Glasperlen (die einen tiefen Schmelzpunkt aufwiesen) als Ausgangsmaterial wurde das Glasblasen im Workshop schließlich möglich. Die ersten Resultate waren zwar bei allem Enthusiasmus der Beteiligten kümmerlich. Aber der Beweis, dass Glaskünstler mit kleinen Schmelzöfen ihre individuellen Werke im eigenen Atelier realisieren konnten, war erbracht.

Littletons Pionierleistung bestand im konsequenten Zusammenführen von Entwurfstätigkeit und eigenhändiger Umsetzung „vor dem Ofen“. Nach der „Initialzündung“ in Toledo breitete sich die Studioglasbewegung vor allem in den siebziger Jahren weltweit aus. Sie hat allerdings keineswegs nur amerikanische Wurzeln. In Europa ist die Kunstauffassung eines Emile Gallé ein wichtiger Vorläufer dieses Konzepts und bei der Weltausstellung in Brüssel 1958 präsentierten sich die tschechischen Glaskünstler äußerst erfolgreich mit spektakulären Arbeiten. Legendär ist Littletons Zusammentreffen mit Erwin Eisch in Frauenau 1962. Im Jahr 1965 baute Eisch im Erdgeschoss der Familien-Glashütte einen kleinen Studioglas-Ofen, der fast zehn Jahre lang benutzt wurde, nicht nur von Eisch selber, sondern von anderen Künstlern aus der Studioglasbewegung, vor allem aus den USA. Heute gilt Eisch als einer der Pioniere der europäischen Studioglasbewegung.

Ganz unabhängig von diesen Entwicklungen, und ohne dass man gegenseitig voneinander wusste, hatte Volkhard Precht 1963 in Lauscha in der DDR den ersten Studioglasofen Europas gebaut. Kurz nach der Wende, also Weinachten 1990, konnten Volkhard und Renate Precht zusammen mit Günter und Henry Knye übrigens im Rheinbacher „Glashaus am Wasserturm“ von Chris und Udo Edelmann ausstellen bzw. ihr Können vorführen.

Das zweiteilige Objekt, das die „Freunde edlen Glases“ e.V. mit Hilfe von Wilhelm Bruns für das Glasmuseum Rheinbach erworben haben, ist ein typischer Littleton: Farbloses Glas umfängt mehrere konzentrisch angeordnete Farbglasschichten, die im sorgfältig geschliffenen Glaskörper gewissermaßen zu schweben scheinen. Dadurch erhalten die beiden Glasblöcke eine organische Anmutung. Hier werden die Schönheit des Materials und die Anmut der Farben wirkungsvoll zelebriert und poetisch in Szene gesetzt.

Freunde edlen Glases e.V.
im Auftrag:
Dr. Ruth Fabritius, Museumsleiterin und Stellv. Vors. Freunde edlen Glases e.V.
c/o Glasmuseum Rheinbach
Himmeroder Wall 6
53359 Rheinbach
Tel. 02226 917 500

glasmuseum@stadt-rheinbach.de